Bericht aus dem Stadtrat (Juli 2022)

Bericht aus dem Stadtrat (Juli 2022)

Hey Leute,

Bei hochsommerlichen Temperaturen draußen haben wir uns am vergangenen Mittwoch in der relativen Kühle (Querlüftung!) des Gewandhauses zur Stadtratssitzung getroffen. Sonst wäre es die letzte Sitzung vor der Sommerpause gewesen. Die gibt es in diesem Sinne in diesem Jahr nicht, am 31. August 2022 geht es schon weiter. Immerhin war es doch noch eine letzte Sitzung - und zwar die unter Leitung von Oberbürgermeister Alexander Ahrens. Sechs Stadträte waren nicht da, entweder krank, im Urlaub oder auf Arbeit.

Zur

#Fragestunde für die Einwohner

gab es diesmal keine Fragen.

Bei den

#Informationen

informierte OB Ahrens, dass die neue Chefin im Inneren Service die Niederschrift unterzeichnen werde und heute auch erstmals auf dem Podium neben ihm Platz nahm.

Und schon waren wir bei den

#Anfragen der Stadtratsmitglieder

Mike Hauschild (FDP) fragte zur Allende-Oberschule und deren Sanierung. Die Verwaltung habe vor, im August Fördermittel zu beantragen. Er fragte, wann die nichtöffentliche Fragerunde zu dem Thema - die eigentlich angeboten wurde - stattfinden soll. Die FDP-Fraktion habe sich die Daimler-Schule angesehen und festgestellt, dass eine Mensa für 200 Schüler gar nicht notwendig sei. Durch den Besuch hätten sich zudem viele neue Fragen gegeben. Er wolle nicht erst auf die Vorlage zum Baubeschluss warten, sondern schon vorab Sparvorschläge machen. Finanzbürgermeister Dr. Robert Böhmer meinte, dass es zur Klausur im September 2022 eventuell sinnvoll wäre. Eine größere Umplanung würde jedoch den Zeitplan durchkreuzen.

Stefan Mücke (FDP) wollte wissen, wann die gesperrte Preuschwitzer Straße wieder geöffnet würde. Der Zustand sei schwierig, da oft auch LKW dort einfahren würden und umständlich wenden müssten. Er erinnerte noch an die FDP-Anfrage zum Hochwasserschutz Albrechtsbach, die noch nicht beantwortet sei. Er habe bei seinem Besuch vor Ort einen schlechten Zustand des Gewässers feststellen müssen, etwa bei der Grasmahd. Und dann wollte er wissen, wann er nun endlich das Schreiben vom Rechnungsprüfungsamt zu den Kostensteigerungen bei der Kita Purzelbaum bekomme.

Baubürgermeisterin Juliane Naumann will sich bei der Preuschwitzer Straße noch einmal zum konkreten Zeitplan kundig machen. Die Frage zum Albrechtsbach sei bereits beantwortet worden. Und das Prüfschreiben des Rechnungsprüfungsamtes sei bereits vor einer Woche an die Fraktionsvorsitzende rausgegangen.

Ich hatte gefragt, was aus den CDU-Anträgen zum Garagenkonzept und der Positionierung zum Großforschungszentrum „LAB“ geworden sei. Die hätten eigentlich heute mit auf der Tagesordnung stehen müssen. OB Ahrens erklärt, man habe im Ältestenrat beschlossen, diese noch einmal zurückzustellen.

Nun folgte der wichtigste Punkt des Abends:

#Wahl des/der Beigeordneten für Finanzen, Ordnung, Bildung und Soziales

OB Ahrens berichtete zunächst zum Auswahlverfahren insgesamt. Das habe am Ende einen Kandidaten ergeben, den jetzigen Stelleninhaber Dr. Robert Böhmer. Dessen Amtszeit (7 Jahre) endet am 31.08.2022. Elf Bewerbungen hatte es gegeben, der Hauptausschuss habe sich für Dr. Robert Böhmer entschieden. Der müsse nun geheim gewählt werden. Vier Bewerber wurden zu Gesprächen eingeladen, zwei waren gar nicht erst zum Termin erschienen. Eine weitere Person nahm an dem Gespräch teil, am Ende aber war dies nicht von Erfolg gekrönt.

Dr. Robert Böhmer stellte sich formal noch einmal den Stadträten vor. Sieben Jahre - gingen schneller als gedacht vorbei. Damals habe er seine Biografie vorgestellt und seine Ziele. Nun: „Sie kennen mich...“ Er nannte es eine große Anerkennung, hier erneut stehen zu dürfen. Selbstkritisch blickte er zurück, dass er vor sieben Jahren recht forsch an die Aufgabe herangegangen sei. Er habe lernen müssen, wie Meinungsbildung in der Kommunalpolitik funktioniere. Er erinnere sich an ein Gespräch, dass ihm prophezeit habe, dass es fünf Jahre benötige, um das Amt zu verstehen, Netzwerke zu bilden. Er dankte seinen Mitarbeitern. Er sei mental in der Lage, Gegenwind auszuhalten und unpopuläre Entscheidungen zu treffen. Das Amt habe 3 Dimensionen:

  1. Den Bürger und dessen wirtschaftliches Wohlergehen, also die soziale Komponente
  2. Den Stadtrat
  3. Das Zusammenwirken mit OB/Bürgermeistern für einheitliche Entscheidungen

Er nahm sich insbesondere das Verhältnis zum Stadtrat vor. Denn dort fielen die Entscheidungen. Hier machte Dr. Böhmer einen Exkurs in die Geschichte der Stadt und nannte wichtige Entscheidungen der Vergangenheit (also ganz ganz früher). Er sprach die Krisenfrequenz an, die früher höher gewesen sei.

Bautzen sei die einzige Stadt, in der zwei Konfessionen und auch zwei Nationalen zusammenleben.

Mit dem Beispiel des Stadtpfeifers - der Bürger vor drohenden Unheil warnen musste - nahm er Kurs auf die Beschreibung seiner Aufgabe: Warnen, Mut zu Entscheidungen, die nicht nur die rein finanzielle Fragen beträfen. Es gehe um strategische Konsolidierung und Prioritätensetzung. Die Stadt habe sich in der Vergangenheit mit neuen Ideen, Anliegen und Wünschen verrannt. Dies müsse dringend korrigiert werden. Die Verwaltung müsse sich auf die eigenen Aufgaben konzentrieren. Finanzen - da müsse der Finanzbürgermeister auch mal NEIN sagen. Man dürfe sich auf den Erfolgen der Vergangenheit nicht ausruhen. Die Liquidität werde enorm sinken. Ordnung - mit Feuerwehr und Ordnungsamt sei es eine große Aufgabe, das Handeln den Bürgern zu vermitteln. Man könne es da nicht allen recht machen. Zur Ordnung gehöre es auch, funktionierende Strukturen für Not- und Krisensituationen vorzuhalten. Der Ruf nach Ordnung werde künftig sicher noch höhere Priorität für die Bürger haben. Bildung und Soziales – das seien die Schlüsselprodukte im Haushalt. Natürliche Prioritäten. Die Kita-Struktur in der Stadt sei hervorragend und man könne stolz sein. Die Digitalisierung der Schulen sei eingeleitet und teuer. Im Sozialbereich habe man sehr gute Arbeit geleistet, etwa im Bereich der Prävention von Obdachlosigkeit. Die in Jahrzehnten entstandenen Strukturen müssten auch in knappen Zeiten erhalten werden. Der Ausgleich von Einnahmen und Ausgaben sei künftig unrealistisch, da unsozial. Dennoch müsse man sparsam agieren. Er sprach die steigenden Energiepreise und die Inflation an. Es werde deutlich, dass Entscheidungen des Stadtrates nicht die Entscheidungen aus Berlin und Brüssel „wegsubventionieren“ könnten. Ein Höher, Schneller, Weiter der Vergangenheit müsse man mäßigen.

Fragen gab es dazu keine, was keinen überraschte.

Die Zukunft von Dr. Robert Böhmer wurde dann in der Garderobe des Stadtratssaals entschieden, in der die Wahlkabine aufgebaut war. Die Stadträte gingen nacheinander und gaben ihre Stimme ab.

Das Ergebnis: 26 Stimmen wurden abgegeben, 22 waren gültig, und für Robert Böhmer. Absolute Mehrheit. Weitere sieben Jahre. Glückwunsch und viel Glück für die kommende Zeit!

OB Ahrens erklärte auch das Einvernehmen, das laut Gemeindeordnung notwendig ist.

Also weiter in der überschaubaren Tagesordnung:

#Bautzener Wohnungsbaugesellschaft mbH (BWB) - Jahresabschluss 2021 - Entlastung der Geschäftsführung für das Jahr 2021 - Entlastung des Aufsichtsrates für das Jahr 2021

Dabei handelte es sich um eher formale Beschlüsse, die jedes Jahr auf der Tagesordnung stehen. Dennoch gibt es da immer ein paar Informationen zum Zustand der Stadttochter.

Yvonne Donath von der Stadtkämmerei stellte ein paar Zahlen vor. Das Anlagevermögen ist gestiegen, 2021 wurde viel in Neubau und Bestand investiert. Etwa Aufzüge in der Hanns-Eisler-Straße, Skaterpark Gesundbrunnen, Neubauten in der Flinzstraße. Die Bankverbindlichkeiten sind gesunken. 2,8 Mio. Euro Gewinn stehen im Jahresergebnis. Der Leerstand blieb in Summe gleich, Bezogen auf vermietbare Wohnungen aber hat er sich von 5,3 auf 3,8 Prozent verringert.

Roland Fleischer (SPD) fragte zum Leerstand, wie der beseitigt werden kann. BWB-Geschäftsführerin Kirsten Schönherr meinte, dass bei den 6 Prozent auch die unbewohnbaren Häuser auf der Äußeren Lauenstraße dabei sei. In der Skala-Straße, dem unsanierten Block, habe man einen hohen Leerstand von 25 Prozent, sonst eher 3 Prozent, auch aufgrund der Nachfrage durch Ukrainer. Der Trend zu gut gedämmten preiswerten Wohnungen werde anhalten. Herr Fleischer fragte auch zu den angekündigten Mieterhöhungen. Seien die wirklich notwendig, wenn man ein positives Ergebnis habe? Frau Schönherr meinte, man müsse nicht zwingend erhöhen, habe aber auch nur sehr geringe Erhöhungen vor. Insgesamt würden durch Erhöhungen rund 200.000 Euro mehr eingenommen. Am Ende entscheide da aber der Aufsichtsrat. Die Nebenkostenvorauszahlungen seien zu 100 Prozent erhöht worden. Für eine 60-qm-Wohnung bedeute das Kosten von rund 60 Euro mehr im Monat.

Cornelia Heyser (LINKE) fragte zu Warmwassereinschränkungen, seien die geplant? Frau Schönherr sagte, dass es rechtliche Vorgaben geben und daher keine Bestrebungen dazu. Man habe aber mit der EWB mit Blick auf die drohende Energiekrise gesprochen, es könne durchaus zu Einsparungen kommen, etwa durch pauschale Maßnahmen der EWB.

Astrid Riechmann (SPD) dankte der BWB für das gute Management bei der Unterbringung der Ukrainer.

Ich gab auch ein herzliches Dankeschön für die geleistete Arbeit zu Protokoll. Man sieht ja, was durch die BWB alles geworden ist.

Die Beschlüsse erfolgten weitgehend einstimmig. Nur bei der Entlastung des Aufsichtsrates gab es von Frau Heyser eine NEIN-Stimme.

OB Ahrens lobte dann noch einmal die gute Arbeit der BWB und deren engagierten Chefin, die bleibende Spuren in der Stadt hinterlassen habe.

Weniger Lob war bei der folgenden Vorlage zu erreichen:

#Änderung des Grundsatzbeschlusses zum Umbau der Kindertageseinrichtung "Friedrich Schiller"

Das Thema schwelt seit 2013. Das Problem: Seit Jahren wissen wir, dass die Sanierung der Krippe Weigangstraße notwendig und teuer ist – und daher die Krippe jetzt 2027 geschlossen werden soll. Einst hatten wir daher beschlossen, die Kita „Schiller“ in der Paulistraße durch einen Erweiterungsbau in eine Kombi-Einrichtung umzubauen. Bisher waren da nur Kindergartenkinder untergebracht. Aktuell steht die Einrichtung leer, die Kinder sind mit in die Kita „Purzelbaum“ gezogen. Fördermittel sind nicht in Sicht und die Frage steht, wie weiter mit der Einrichtung verfahren werden soll. Der Vorschlag der Verwaltung: Eine kleine Sanierung, um später 47 Krippenkinder unterzubringen. Für etwa 1,2 Millionen Euro.

Eine Beschlussempfehlung für die Vorlage aus dem zuständigen Sozialausschuss gab es nicht, weil der zur Sitzung vorige Woche nicht beschlussfähig war. OB Ahrens bat darum, dass man künftig sich ordentlich abmelden soll. Im Ausschuss hatte es Fragen gegeben. Denn Stadt war der Ansicht, dass es immer weniger Kindergartenkinder gebe, eine solche Einrichtung also nicht gebraucht werde. Aber bei den Krippenplätze gebe es Bedarf. (Eine Einschätzung, die ich mit Blick auf die Bedarfszahlen von Mitte 2021 nicht teilte. Diese zeigten ein anderes Bild. Die Zahl der freien Krippenplätze lag bei etwa 90, was etwa 14 Prozent „Leerstand“ bedeutete, wobei bei den Kindergärten nur etwa 7 Prozent der Plätze nicht belegt seien. Wir hatten daher im Ausschuss gebeten, dass uns zur Stadtratssitzung aktuellere Zahlen vorgelegt würden.)

Ilka Heilmann, zuständige Abteilungsleiterin im Amt für Bildung und Soziales, ging zunächst auf die Historie ein und dann auf die Fragen aus dem Sozialausschuss. Sie legte auch aktuelle Zahlen zur Krippenbelegung vor. Diese waren allerdings so klein auf der Leinwand dargestellt, dass keiner etwas erkennen konnte. Sieghard Albert (AfD) monierte das als erster Stadtrat. „Wollen Sie uns das jetzt erzählen oder wollen wir das gleich vertagen.“ Karin Kluge (Bürgerbündnis) bat darum, dass eiligst Kopien für die Stadträte angefertigt werden sollten. Eine Mitarbeiterin fegte sofort aus dem Saal, um dies zu erledigen. Inzwischen fuhr Frau Heilmann in ihrer Vorstellung fort. Demnach waren meine Bedenken berechtigt. Die aktuellen Zahlen sind sogar noch schlimmer. Es stehen rund 140 Krippenplätze in der Stadt Bautzen leer. Daraufhin meldete sich Heiner Schleppers (CDU) mit einem Geschäftsordnungsantrag: Zurücküberweisung der Vorlage in den Sozialausschuss. OB Ahrens fand das nachvollziehbar. Es fand sich auch unter den Stadträten nur einer, der es anders wollte. Steffen

Grundmann (Linke) erklärte zudem, er könne zwar die Zahlen an der Leinwand erkennen, aber die Fragen bestünden weiterhin, auch zur Auslastung der Kindergarten-Plätze.

Nachdem also bei der Kita „Schiller“ nicht gleich gebaut werden kann, ging es bei der nächsten Vorlage fluffig weiter.

#Baubeschluss zum grundhaften Ausbau der westlichen Neustadt 2. BA, Dr.-Rohr-Straße mit Erneuerung der öffentlichen Beleuchtung sowie Erneuerung der Schmutz- und Regenwasserkanalisation

Dr. Emanuel Hentschel, Leiter des Hoch- und Tiefbauamtes, stellte die Vorlage vor. Der Grundsatzbeschluss wurde im Juni 2020 gefasst, der erste Bauabschnitt in der Albert-Schweitzer-Straße laufe auf Hochtouren, nun nehme man die Dr.-Rohr-Straße in den Blick. Die Gehwege seien unbefestigt und schwierig für Fußgänger und Nutzer von Rollstühlen oder anderen Gehhilfen. Regen- und Schmutzwasser werden künftig kanalisiert und an die entsprechenden Hausanschlüsse gelegt. Die Beleuchtung soll künftig mit LED funktionieren. Von April 2022 gab es eine Kostenschätzung von 550.000 Euro, im Haushalt seien aber nur 480.000 Euro eingestellt. Die Verwaltung habe jedoch bereits mit steigenden Kosten gerechnet. Man werde sehen, was am Ende auf der Rechnung stehe. Ein bisschen Kostenpuffer sei eingeplant, ob man einen Nachschlag brauche, werde man später sehen.

Carsten Hauptmann (Bürgerbündnis) wollte wissen, ob die Neustadt bereits mit Glasfaser versorgt sei und wenn nicht, ob man Leerrohre plane. Das wusste Dr. Hentschel auch nicht genau, aber man werde an Leerrohre denken bzw. mache das die Telekom. OB Ahrens meinte, dass man regelmäßig mit den Medienträgern Abstimmungen vornehme, die aber ebenso regelmäßig schief gingen. An anderer Stelle kam die Telekom nur sechs Wochen nach Abschluss der Arbeiten und wollte in die Straße. „Das dürfen die aber - und weil die das Recht dazu haben, sind für die Abstimmungen nicht ganz so wichtig.“ Leerrohrsysteme gebe es in Gesundbrunnen, die den Anforderungen der Telekom entsprechen würden. Bei der Telekom wisse die Stadt aber nicht so genau, was für Anforderungen das seien. Daher könne man nicht auf Verdacht Leerrohre legen.

Cornelia Heyser (LINKE) fragte, wie viel Puffer oder Toleranz bei den Baukosten eingeplant sei und wo man am Ende liegen würde. Dr. Hentschel meinte, dass sei der Blick in die Glaskugel. Von 2021 auf 2022 seien die Baukosten um rund 19 Prozent gestiegen. Davor seien die Steigerungen wesentlich geringer ausgefallen, etwa bei 5 Prozent. Die Abschätzung von Steigerungen sei nicht einfach, da man personal- und materialintensive Arbeiten trennen müsse. Konkretes könne er nicht sagen, etwas konkreter könne er erst werden, wenn die Ergebnisse der Ausschreibung vorliegen. Frau Heyser fragte, ob das der Dienstleister nicht einplanen müsste. Dr. Hentschel gab ihr Recht, aber das sei eben dann im Ergebnis der Ausschreibung enthalten und nicht in der Kostenschätzung der Stadtverwaltung.

OB Ahrens meinte, dass es auch Anbieter Tagespreise nennen würden. Das sei ein erheblicher Unsicherheitsfaktor.

Sicher waren sich hingegen die Stadträte, einstimmig.

Nicht so sicher waren die Räte sich bei der Vorlage

#Umbau des Knotenpunktes Löbauer Straße/Paulistraße/Fichtestraße mit Neubau einer Vollpunkt-Lichtzeichenanlage: Beschluss einer überplanmäßigen Auszahlung zur Sicherung der Gesamtfinanzierung und Vergabe von Bauleistungen

Auch hier stellte Dr. Hentschel die Pläne vor. Es geht um den einst heiß diskutierten Umbau der Kreuzung beim Rieß-Bäcker auf der Löbauer Straße. Die Ausschreibung habe (wahnsinnig) höhere Kosten gegenüber der Kostenschätzung ergeben. Immerhin habe es mehrere Angebote von Firmen gegeben. Das sei heute schon ein Erfolg, weil die Firmen lange Bindefristen bei Angeboten scheuten. Allerdings sei der Preis bereits beim Los 1 auf 540.000 Euro hochgeschnellt. Der Plan waren 200.000 Euro. Man habe überlegt, ob die Firmen den Auftrag eventuell gar nicht haben wollten. Aber da die Angebote etwa gleich waren, habe man mit den Firmen gesprochen, die wieder hohe Einkaufspreise als Argument nannten. Nur weil es eine sehr hohe Förderquote gibt und der Fördermittelgeber auch mehr Fördermittel signalisiert habe (von 290.000 €- auf 612.000 €, eine Quote von 93 Prozent), habe man die Absicht weiterverfolgt, die Kreuzung umzubauen. Ohne die Erhöhung der Fördermittel hätte man nicht gebaut. Im August soll es nun losgehen, bis November wird gebaut und halbseitig gesperrt und eine größere Umleitung über die Thomas-Müntzer-Straße stadtauswärts eingerichtet. Eine 6-Wochen-Vollsperrung lasse sich zudem nicht vermeiden. Für die Stadt bedeutet die Änderung am Ende rund 34.000 Euro mehr an Eigenmitteln für das Projekt.

Mike Hauschild (FDP) erinnerte daran, dass man bei den Kostensteigerungen im Baubereich auch bei anderen Projekten, vor allem den großen, die Kosten genau im Blick haben müsse. Die Verwaltung sollte die Stadträte da sehr ernst nehmen.

Sieghard Albert (AfD) meinte, dass man immer schon draufhingewiesen habe, dass man bei einem ordentlichen und aufmerksamen Radfahrer, dieser nach dem Umbau gefährdeter sei als jetzt. Man baue nur, weil es Fördermittel gebe. Das sei ein gewisser Schaden am Volksvermögen. OB Ahrens meinte, dass man inhaltlich alles diskutiert habe. Die Gefährdungslage sei durch die Polizei bestätigt worden. Es gebe eine besondere Gefahrenlage für Radfahrer. Es könnte also auch mal passieren, dass ein Radfahrer zu Tode komme. Die Stelle gehöre daher entschärft. Im Regelfall seien die Radfahrer gar nicht dran schuld.

Mike Hauschild (FDP) meinte, dass er vom Wissen des OB überrascht sei. Er habe nachfragt, wie viele Unfälle es dort mit Radfahrern gegeben habe. Das sei aber gar nicht erfasst worden. OB Ahrens meinte, dass sei ein Gespräch mit einem Polizeiführer gewesen, der aus seinen Erinnerungen berichtet habe.

Uwe Panitz (AfD) fährt nach eigener Aussage viel Rad und meinte, dass Tempo-30 an dieser Stelle zielführende sei. Er habe das bereits per E-Mail an die Stadt geschickt.

Am Ende gab es 13 Stimmen dafür, sechs dagegen (AfD) und sechs Enthaltungen von Bürgerbündnis, FDP, Dr. Lübke und Frau Riechmann von der SPD.

Letzter Punkt:

Antrag der CDU-Fraktion zum Bürgerinformationssystem

Wir hatten im Mai beantragt, dass im Bürgerinformationssystem auch die Niederschriften enthalten sein sollen. Bisher kann man als Bürger dort die Tagesordnungen einsehen und auch die Vorlagen. Wir wollten das eigentlich bereits ab Juni 2022 haben. Aber die Verwaltung meinte, es sei besser, erst die Geschäftsordnung zu ändern. Die müsse aber mit den Ortschaftsräten diskutiert werden. Kommt also alles erst im November.

Katja Eberhardt, Leiterin des Inneren Service, bezog sich auf die Gemeindeordnung des Freistaates, die lasse eine allgemeine Einsichtnahme zu und stellte die Entscheidung darüber in das Ermessen der Stadt. Aber: Durch verschiedene Fristen sei mit der Niederschrift erst etwa 2 Monate nach der jeweiligen Sitzung zu rechnen.

Am Ende waren alle dafür, außer Cornelia Heyser (LINKE) und Udo Pillasch (AfD).

Zum Gesamtschluss gab es noch ein paar Takte des (abgewählten) OB. Die sieben Jahre als OB seien eine Ehre für ihn gewesen. Er sprach von einem Sprung in das kalte Wasser. Bautzen sei damals in den Blick des bundesweiten Interesses gerückt – durch den Brand im Husarenhof und die Ereignisse auf dem Kornmarkt. Er habe 370 Medientermine gemacht. Alle hatten am Ende eine Frage: Was stimmt denn da nicht bei euch im Osten? OB: Warum werden uns immer die gleichen Fragen gestellt? Er halte das für eine unzulässige Vereinfachung der Sichtweise. Dieses Thema werde ihn weiterverfolgen. In welcher Funktion auch immer. Er habe die Welt gesehen und sich dennoch für Bautzen entschieden. Die Wahlniederlage sei sehr bitter für ihn gewesen. Es sei ihm eine besondere Freude und Ehre gewesen, wenn er reingrätschen konnte. Etwa bei einer Veranstaltung mit Bundestagsabgeordneten in Berlin. Konstantin von Notz (Grüne) habe ihn bei der Abreise gefragt, ob er jetzt wieder in das braune Herz Deutschlands fahre. Er als OB habe geantwortet: „Was soll ich in Dortmund?“ Da hätten auch die Abgeordneten aus NRW herzlich gelacht. Und dann: Der OB sagte, dass man ein solches Wahlergebnis einfahre, wenn man auch Fehler gemacht habe. Etwa den SPD-Eintritt, der zum Bruch mit dem Bürgerbündnis geführt habe. Er finde das nach wie vor nicht falsch, wenn man sich in einer Parteiendemokratie für eine Mitgliedschaft entscheide.

Trotz aller Fehler: Von den vielen Aufgaben seines Lebens sei es die größte und großartigste gewesen. Es gebe sogar einen Fanpost-Ordner im Rathaus. Aber auch Morddrohungen, über die selbst seine Frau – eine Polizistin - meinte, dass man das nicht auf die leichte Schulter nehmen solle.

Der Umgang mit politischen Engagierten sei inzwischen ein Minenfeld. „Wir müssen Wege finden, um sich trotz unterschiedlicher Sichtweisen die Hand reichen zu können.“

Stolz im Rückblick auf die Mitarbeiter in der Verwaltung. Es sei toll, wie viele Menschen sich da die Beine für die Stadt ausreißen. Die Arbeitsbelastung sei hoch, der Druck auch. Umso mehr schmerze es ihn, dass Situationen wie in der Wohngeldstelle gebe, was aber auch kurzfristig nicht zu ändern sei.

Es prasselten immer mehr Themen auf die Menschen ein. Etwa die Grundsteuerreform und das nichtfunktionierende ELSTER-System. Ein ganz kleines Symptom einer schwierigen Entwicklung.

Zum Stadtrat meinte der OB: Die Räte würden immer mehr mit immer komplexeren Sachverhalten konfrontiert. Wie solle man diesen Spagat lösen? Er warb daher für mehr Vertrauen in die Arbeit der Verwaltung. Man habe nicht immer die Möglichkeit alle Hintergründe in der Komplexität darzulegen. Er rief die Bürger auf, Fragen an die Verwaltung zu stellen. Er habe sicher 98 Prozent aller Anfragen beantwortet und oft Verständnis erreicht. Etwa bei den Garagenbesitzern. In der Stadt arbeiteten die Menschen nicht nach dem Motto, dass man stets versuche, den Stadtrat über den Tisch zu ziehen.

Eins steht für den OB fest: Es kommen unruhige Zeiten auf uns zu. Für die Kommunen vor allem im Jahr 2023. Vor dem Hintergrund dieser Herausforderungen sehe er es mit einem lachenden und weinenden Auge, dass er gehe. Ein Projekt wolle er dem Stadtrat jedoch besonders ans Herz legen: Die zwei aktuellen Streetworker-Stellen. „Behalten Sie diese beiden Stellen bei!“ Die Arbeit der beiden könne man nicht überschätzen. Diese hätten ein Netzwerk mit über 100 Jugendlichen aufgebaut. „Die Jugendlichen konnten es gar nicht glauben, dass die Stadt für sich interessiere.“ Darunter auch Jugendliche, die 2016 mit auf dem Kornmarkt waren. Der Sozialarbeiter habe die Äußerung des damaligen Polizeileiters – „eventorientierte Jugendliche“ - immer kritisiert - aber nach den Erfahrungen jetzt doch gesehen, dass das sehr an der Wahrheit dran sei und habe sich später entschuldigt.

Er gehe erhobenen Auges. Die Stadt sei gut aufgestellt. Die Erfahrungen seien durchwachsen, auch daran trage er eine Mitverantwortung. Er glaube, dass draußen unterschätzt werde, wie schwierig und aufreibend es ist, Stadtrat zu arbeiten. „Daher an dieser Stelle von ganzen Herzen vielen Dank!“, so Ahrens und es schien als habe er Tränen in den Augen. Es gab sogar Beifall.

In einer kleinen Laudation erinnerte der frisch gewählte Dr. Robert Böhmer an den Humor und die Lustigkeit des OB damals, als er sich vor sieben Jahren als Finanzbürgermeister bewarb. „Man spürte sein Charisma.“ Er sei eine Person, die den Raum fülle und über sehr viel Wissen verfüge. Es sei schwierig, die richtigen Worte heute zu finden. Dennoch: „So etwas sollte versöhnlich zu Ende gehen.“ Kein Hätte, Wenn, Aber. Die Dinge sollten für sich sprechen: Sein Erfolg sei gewesen, die Stadt in einer schwierigen Situation gut nach außen zu vertreten. Die FAZ habe dem OB damals wegen Anne-Will einen eigenen Beitrag gewidmet. Der wurde von Böhmer sogar zitiert.

„Ich hoffe, dass du eine Aufgabe findest, wo du deine Talente ausspielen kannst. Und nicht in Traurigkeit bleibst. Wir werden bei einem Glas Wein später sicher die Dinge zu besprechen.“ Gottes Segen! Es tue ihm leid, dass er nun sieben Jahre bleiben könne. Dann gab es noch Blumen und einen Drücker - und ein Jagdhorn als Geschenk.

OB Ahrens bedankte sich und meinte, er würde gern in Bautzen wohnen bleiben. Das könne er aber noch nicht ganz genau sagen. Seine Bitte zum Schluss: Den OB gelegentlich mit Nachsicht behandeln. Zudem wünschte er Karsten Vogt viel Glück bei der Aufgabe als OB.

Astrid Riechmann (SPD) gab auch noch ein paar Blumen mit auf den Weg. Weil ihre Vorgängerin Gunhild Mimuß damals wohl keine Blumen bekommen hatte, hatte sie selbst welche besorgt. Sie fragte sich, ob man der SPD übel genommen habe, einen solchen OB zu haben. Oder dem OB, dass er in die SPD eingetreten sei. Die sieben Jahren seien vorbei, die Stadt sei gut aufgestellt. Sie lobte den OB dafür, dass er sich klar gegen Rechts positioniert habe. Er habe in der Anerkennung der Niederlage Größe gezeigt. Sie verband das mit einem Aufruf, dass der Stadt sachlicher arbeiten solle.

Damit war die Sitzung nach etwa 2 Stunden beendet. Die nächste Zusammenkunft ist für den 31. August geplant.

Tobias Schilling