Bericht aus dem Stadtrat (April 2022)

Bericht aus dem Stadtrat (April 2022)

Liebe Freunde,

anbei die Infos aus dem letzten Stadtrat am vergangenen Mittwoch. Darin unter anderem vom Ende einer Satzung, dem Frust über Führungslosigkeit des OB und am Ende eine weitere Episode im Bautzen-Monopoly mit dem neuesten Immobiliengeschäft des OB.

VG

Tobias

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Hey Leute,

nur wenige Wochen vor der Oberbürgermeisterwahl haben wir uns im Gewandhaus zur Sitzung getroffen. Die Sitzung war mit etwa fünf Stunden nicht nur sehr lang, sie war im Inhalt auch eine Sitzung der besonderen Art. Aber lest selbst. Übrigens: Als Gäste waren auch die Oberbürgermeister von Görlitz und Hoyerswerda geladen worden, die zum Regionalen Entwicklungskonzept für den oberzentralen Städteverbund da waren. Mit einem spontanen Beifall von Stadtrat Roland Fleischer (SPD) über deren Anwesenheit ging es an die Arbeit.

Zunächst zur

#Fragestunde für die Einwohner

Die erste am Pult war Ramona Hoerold vom Restaurant Enjoy ein paar Etagen unter dem Stadtrat. (Sie war von Stadträten bereits in der Inneren Lauenstraße gesichtet und ein Auftritt befürchtet worden.). Die sonst übliche Anrede (Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, Bürgermeister, Bürgermeisterin und Damen und Herren Stadträte) sparte sie ein. „Grüße alle miteinander, bin ja schon bekannt.“ Sie wollte sich kurzfassen. Es ging ihr um die öffentlichen Toiletten. Zum Osterfest sei da eigentlich mehr Personal vorgehalten worden. Aber dennoch seien nach Auskunft vieler Gäste die Toiletten nicht geöffnet gewesen - weshalb die Bedrängten alle zu ihr ins Lokal gestürmt seien. Auch am Ostersamstag seien die Toiletten bereits um 17.15 Uhr geschlossen gewesen. OB Ahrens meinte, man wolle sich das anschauen. Als nächstes wollte die Dame wissen, welche Funktion ein gewisser Mitarbeiter in der Stadtverwaltung habe. Bürgermeister Dr. Robert Böhmer meinte, dass dieser im Ordnungsamt angestellt sei und wollte den Zweck ihrer Frage wissen. Frau Hoerold meinte, der besagte Mitarbeiter sei im November ums Haus (also das Gewandhaus) geschlichen und habe festgestellt, dass nach 20 Uhr noch Gäste im Lokal gewesen seien. Dies sei nach der Corona-Schutz-Verordnung verboten gewesen. Aber sie habe gar keine Gäste im Lokal gehabt. Nun drohe ihr ein Bußgeld von 3.000 Euro durch das Landratsamt, was den Mitarbeiter als Zeugen führe. Bürgermeister Böhmer verwies sie darauf, dass ein Widerspruch an das Landratsamt zu richten sei.

Als nächstes richtete eine Bürgerin von Bautzen ihr Wort an die Stadträte. Ihren Namen wolle sie nicht verraten, nur den Vornamen „Gritt“ konnte der OB der mit einem „Umarmbar“-Aufkleber versehenen Dame entlocken. Sie sprach eine gelb-blaue-Fahne an einem privaten Fenster in der Inneren Lauenstraße an. Diese enthalte ein nicht offizielles Wappen der Ukraine und sei nicht die Ukraine-Flagge. Der Bürger solle darauf hingewiesen werden. OB Ahrens meinte im Kern, dass das eben ein privates Fenster sei und man da wahrscheinlich nichts machen könne.

Nun ging es zum Teil der

#Informationen

Der OB hatte keine Informationen für die Stadträte, aber Finanzbürgermeister Dr. Böhmer sprach die künftige Haushaltsplanung und eine im September 2022 geplante Haushaltsklausur an. Er würde aber gern schon eher mit den Fraktionen über die Schwerpunkte der Fraktionen sprechen. Das solle am besten schon ab Mai passieren. Er bat die Fraktionen darum, sich schon mal Gedanken zu machen.

Mit einem eher überschaubaren Unterhaltungswert im Titel sorgte das

#Regionales Entwicklungskonzept für den Oberzentralen Städteverbund Bautzen – Görlitz – Hoyerswerda

am Ende doch für viele Wortmeldungen und Geschimpfe.

Markus Gießler, Amtsleiter für vieles, stellte zunächst das Konzept kurz vor. Zum Hintergrund: Da in Deutschland das Wesentliche wesentlich nicht ungeordnet ist, unterteilt die Raumplanung in Deutschland und damit auch Sachsen die Städte und Gemeinden in verschiedene Kategorien. Die ganz Großen sind OBERzentren, die ganz kleinen GRUNDzentren und dazwischen finden sich die MITTELzentren. Damit alles seine Ordnung hat, dürfen Oberzentren mehr als Mittelzentren. Etwa bei der Ansiedlung von Handel, dem Bau von Wohngebieten und so weiter. Bautzen ist eigentlich kein Oberzentrum - nach den sächsischen Kriterien. Damit wäre bei der Wiedergeburt des Freistaates Sachsen östlich von Dresden gar kein Oberzentrum anzufinden gewesen. Also hatte man einst die Städte Bautzen, Görlitz und Hoyerswerda zum einem Oberzentrumsverbund OZSV gemacht. Das bedeutet, dass man sich in diesen Städten auch für eine starke Region engagiert, dort Aufgaben übernimmt, und sich untereinander abstimmt, wer was macht. Diese Abstimmung findet am Ende ihren Niederschlag in einem solchen Konzept. In diesem gibt es im ersten Teil neben Ausführungen zum Strukturwandel viel Statistik und eine kleine Evaluierung des alten Konzeptes von 1999. Der zweite Teil beschreibt die Strategie der Region und der dritte Teil umfasst konkrete Maßnahmen, wie der Ausbau der Krankenhausstrukturen, das Logistikzentrum Bautzen-Süd, die Elektrifizierung der Bahnstrecke Dresden-Görlitz und die Entwicklung der BA Bautzen zur dualen Hochschule.

Dr. Dirk Lübke (fraktionslos) war der erste, der sich meldete. Seine Wortmeldung schien von selbst vermuteter Wichtigkeit, da er sogleich an das Pult schritt und nicht wie üblich vom Platz aus seine Pfeile abschoss. Er fragte, wie viele von den Stadträten das Konzept auch wirklich gelesen hätten. (Es war überschaubar.) Auf Seite 46 hatte er eine Frage zu den Kultureinrichtungen. Dort vermisse er die Stadthalle Krone. Das könnte ja mal förderrechtlich relevant sein. Aber seine Zweifel am Konzept des Dreier-Oberzentralismus seien darüber hinaus grundsätzlicher Natur. „Eine echte Aufgabenteilung sei nicht umgesetzt worden, was auch an der Entfernung liegt“, zitierte er das Konzept in dessen Analyse der bisherigen Arbeit. Bautzen sei laut Konzept gut in der Wirtschaft aufgestellt worden, jedoch fehle Forschung und Entwicklung. Das führe dazu, dass Bautzen nicht als Hochschul- und Forschungszentrum entwickelt werden könne. OB Ahrens erwiderte, dass die Kritik nicht zutreffe. Die Benennung von Schwerpunkten schließe Entwicklungen an anderer Stelle nicht aus. Wichtig sei, dass jede Stadt oberzentrale Rechte erhalte, die sie als Mittelzentrum nicht hätten. Das sei der Hintergrund der ganzen Idee. Das Vorhalten des kompletten oberzentralen Kanons sei nicht sinnvoll und der Anzahl an Einwohnern nicht angemessen.

Octavian Ursu, OB der Stadt Görlitz, gab zu, dass der OZSV ein sehr unbekanntes Konstrukt sei. Das wolle man ändern. Er bezeichnete das Konstrukt als Interessengemeinschaft der Städte. Man könne nicht bei allen Städten alle Themen draufschreiben. In Görlitz sei das Konzept einstimmig verabschiedet worden. „Wir wollen zusammen auftreten - auch gegenüber Dresden, da braucht es gegenseitige Unterstützung.“ Hoyerswerdas OB Ruban-Zeh berichtete aus seiner Anfangszeit als OB (was 2020 war), wo er in der Corona-Zeit erstmals eine Videoschalte mit den OBs des OZSV hatte. Da habe er etwa erstmals etwas vom OZV gehört. Er zitierte Olaf Schubert, der in seinem Programm meint, dass er überrascht sei, dass es östlich von Dresden noch was gebe. Auch Hoyerswerda engagiere sich bei Forschung und Hochschule, demnächst sei Baustart für einen Forschungscampus der TU Dresden in Hoyerswerda. Er verwies auf die Vorteile, die sich aus den oberzentralen Rechte ergeben würden, etwa bei der Ausgestaltung des Bildungsstandortes, der Schaffung von Wohnraum. „Wären wir kein oberzentraler Städteverbund, könnten wir nur fröhlich abreißen, aber keinen neuen Wohnraum schaffen.“

Sieghard Albert (AfD) meinte, es sei logisch, dass die OBs von Görlitz und Hoyerswerda das ganze positiv sähen. Aber hier seien eben nun mal die Stadträte von der Stadt Bautzen. Und auch wenn man über den Tellerrand hinausblicken sollte, man sei eben in erster Linie für die Stadt Bautzen verantwortlich. Die Evaluierung des alten Konzepts kritisierte er als zu dürftig. Die Logik des OZSV in der Zeit der Wiedergeburt des Freistaates Sachsen als Gegengewicht zum starken wirtschaftlichen Süden könne er anerkennen. Er lobt jedoch die umfangreiche Statistik, die das Konzept zusammenbringe. Er meinte, dass man das umsetzen müssen, was der Bürger wünsche. Darum müsse er als Stadtrat auch oft „Nein“ sagen. Etwa zum Prozess des Strukturwandels, bei dem bisher Bautzen leer ausgegangen sei. Er machte den Ministerpräsidenten da mitverantwortlich, da er aus der Görlitzer Ecke komme. Eine Tragik sei, dass die Strecke Dresden-Görlitz immer noch nicht elektrifiziert wurde.

OB Ahrens meinte, dass er da ganz anderer Ansicht sei. Die Elektrifizierung sei im Interesse aller drei Städte. Die Achse Dresden - Görlitz sei auch für Hoyerswerda wichtig. Hier sei es besser, wenn man nicht als Einzelkämpfer auftrete. Die Strecke - da sei er optimistisch - werde bis 2030 elektrifiziert werden. Das sei vor einiger Zeit noch nicht absehbar gewesen, aber man habe Druck gemacht.

Jörg Drews (Bürgerbündnis) verwies darauf, dass er bei dem Bau-Großforschungszentrum die Interessen von Hoyerswerda und Bautzen zusammenbringen wollte. Er sprach ebenfalls die Bahnstrecke Dresden-Görlitz an - da fehlten noch konkrete Fortschritte. Man dürfte aber auch die Fehler der Vergangenheit nicht fortführen und spielte die Bauausbildung in Zittau an, die einst geschlossen wurde - analog zu Bautzen. Er spüre die Auswirkungen in seiner Firma - es kämen etwa im Tiefbau weniger Lehrlinge. Er wolle nicht zustimmen, damit das Konzept dann nicht später der Stadt auf die Füße falle. Die BA-Umwandlung sei nicht viel mehr als eine Umetikettierung. Es brauche hochwertige Ausbildung. Er überlege, Teile seiner Firma aus Bautzen weg zu verlegen. Denn es gebe Kündigungen, weil die Leute sich den Sprit nicht mehr leisten könnte. OB Ahrens meinte, er könne vielem zustimmen. So habe er sich einst gegen die Veränderungen im Berufsschulnetz ausgesprochen, habe sich aber im Kreistag nicht durchsetzen können. Er halte die neue Struktur bei den Berufsschulen für einen Fehler. Dennoch sollte man selbst beim Fehler klarer Zusagen das Konstrukt des OZV nicht grundsätzlich in Frage stellen. Nur das gemeinsame Handeln, das gemeinsame Verständnis als Region, führe weiter. Hoyerswerda habe durch seine radikale Schrumpfung jetzt viele Flächen frei und ziehe Rückkehrer an. (Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Das ist die Strategie des OB – radikale Schrumpfung der Stadt – dann klappt es mit den Rückkehrern. Bisher schrumpfen wir in Bautzen nur mittelmäßig, das darf nicht so bleiben. Wir müssen noch schrumpfiger werden! Von Hoyerswerda lernen heißt nicht nur siechen lernen, sondern am Ende auch siegen.) Man müsse den Verbund mit mehr Leben erfüllen.

Jörg Drews (Bürgerbündnis) erneuerte seine Kritik an der Planung der Strecke Dresden-Görlitz im Vergleich mit der Strecke Görlitz-Berlin. Er sei nicht gegen eine Zusammenarbeit, er arbeite mit vielen Firmen bundesweit und Universitäten - da habe er keine Probleme. Er wolle aber nichts fortschreiben, was in der Vergangenheit nicht funktioniert habe. Er fürchte, dass das Konzept gegen die Stadt verwendet werden könne.

OB Ahrens sprach an, dass sich die Vorzeichen für einen Wandel auch in Berlin unter dem Eindruck der Klimadiskussion ändern.

Claus Gruhl (Grüne) freute sich ausdrücklich, dass der OB es ermögliche, dass auch andere Stadträte dem Dialog des Herrn Drews mit dem Oberbürgermeister beiwohnen dürften. Er habe den Eindruck, dass sich hier ein Kirchturmdenken breitmache und erinnerte an die Anfänge des OZSV. Es habe damals wirklich die Gefahr gedroht, dass Bautzen zum Mittelzentrum herabgestuft werde. Das Konstrukt - da sei er bei Herrn Drews - sei nicht mit Leben erfüllt worden. Aber es sei eben schlicht nur ein planungsrechtliches Instrument. Man müsse sich die Frage stellen, was die Alternative sei. Wolle man den OZSV auflösen und sich nicht mehr abstimmen? Das könne es nicht sein. Er bezweifle, dass sich einige Dinge der 90er Jahre - wie der Hochschulstandort Görlitz - zurückdrehen ließen. Ein echter Hochschulstandort in Bautzen sei nicht realistisch. Die regionale Zusammenarbeit sei aber wichtig.

Monika Vetter (CDU) zeigte sich verwundert über die Diskussion. Man habe das Thema im Hauptausschuss intensiv diskutiert. Es wurde dort fast einstimmig befürwortet und sicher auch in den Fraktion darüber gesprochen. Im Ausschuss seien Vor- und Nachteile abgewogen worden. Sie hätte sich gewünscht, dass man eher darüber spricht, wie man das Konstrukt mit Leben erfüllen können. Die Diskussion laufe darauf hinaus, dass man sich um das größte Stück Kuchen streite und nicht einfach froh sei, dass überhaupt ein Kuchen auf dem Tisch stehe. Der OB dankte für dieses Gedankenbild.

Ich meinte, dass das Bild des Kuchens nur schwer zu toppen sei. Aber ich wollte Claus Gruhl zustimmen, der OZSV sei nur ein Instrument der Raumplanung. Die Landesplanung sei durchaus schwierig, viele Mittelzentren hätten sicher gravierende Probleme durch die für Mittelzentren geltenden Einschränkungen. Das habe man etwa im westlichen Landkreis gesehen. Aber wenn man den OB der Stadt Hoyerswerda so höre – man hole Forschung nach Hoyerswerda, schaffe intensiv Wohnraum – da könne man nur beglückwünschen. Die Stadt scheine die oberzentralen Rechte wesentlich besser zu nutzen als Bautzen.

Carsten Hauptmann (Bürgerbündnis) meinte, er habe bisher sehr viel Positives zum OZSV gehört. Wo würden denn die anderen OB die Nachteile sehen? „Wo ist der Haken?“ OB Ahrens gab hier Claus Gruhl recht, die Nachteile würde sich durch den Status als Mittelzentrum ergeben. Und es sei eben ein planungsrechtliches Instrument gewesen, es müsse nur mit Leben erfüllt werden. Er nannte die Kritik an der Elektrifizierung als Beispiel: Die komme mit mehr Gewicht beim Ministerpräsidenten an, wenn Bautzen nicht nur allein aufstehe.

OB Ruban-Zeh meinte, dass es keinen Haken gebe. Der OZSV müsse eben nur genutzt werden. Er habe gestern etwa mit Herrn Ursu beim Ministerpräsidenten gesessen und da sei es auch um den Bahnverkehr gegangen. So spreche man nun nicht mehr über Teilstrecken, sondern über Gesamtstrecken. OB Ursu bestätigte, dass die Elektrifizierung auch im Görlitzer Interesse sei. Er nannte hier die Ukrainer-Krise als Beispiel. Die Ukrainer hätten von Zgorzelec nach Görlitz mit dem Bus gefahren werden müssen. „Wir haben das Problem jeden Tag vor Augen.“ Allein seien jedoch alle drei zu klein, um etwas zu bewegen.

Dr. Dirk Lübke (fraktionslos) sprach sich nicht grundsätzlich gegen eine Zusammenarbeit aus. Aber es stehe eben ein konkreter Maßnahmenkatalog im Konzept drin, bei denen man zum Teil in Konkurrenz zu Görlitz stehe. Er warf dem OB vor, schlecht verhandelt zu haben. Die Stadträte, die dem zustimmen würden, „müsste man teeren, Federn und aus der Stadt verweisen.“

Heiner Schleppers (CDU) verwies auf die Nachteile, wenn Bautzen Mittelzentrum würde. Er forderte dennoch bessere Informationen für die Öffentlichkeit und die Stadträte. „Einigkeit macht stark“.

Da inzwischen eine ermüdende Diskrepanz zwischen Dauer und Qualität der Diskussion zu klaffen drohte, streckte ich beide Hände in die Höhe, was einen Antrag zur Geschäftsordnung bedeutet: Dieser war: „Ende der Debatte, Abstimmen. Jetzt.“ Der OB fragte, wer eine Gegenrede zum Antrag hätte. Mike Hauschild (FDP) war gegen ein Ende der Debatte, weil die FDP noch nichts beigetragen hatte. Das war zu verantworten, dachten 17 Stadträte bei der Abstimmung über das Ende der Debatte und damit die Mehrheit. Das neue Konzept für den OZSV bestätigten in der weiteren Abstimmung in der Sache 15 Stadträte, 9 waren dagegen und 4 enthielten sich.

Nach der Multi-Emotion ging es nun im Monolog weiter - und zwar beim

#Bericht des Arbeitskreises für sorbische Angelegenheiten

Benjamin Wirth, Sprecher des Arbeitskreises, stellte diesen vor. Mit gemischten Gefühlen, wie er sagte. Vor wenigen Wochen habe man das Osterfest in seiner bikulturellen Atmosphäre gefeiert. In der Ukraine jedoch, ebenfalls bikulturell geprägt, sei die Situation jetzt grad ganz anders. Die Selbstverständlichkeit der zwei Kulturen in der Identität der Bautzener werde einem da noch einmal bewusst. Der Arbeitskreis habe sich in seiner Arbeit im Jahr 2021 unter anderem dem sorbischen Marketing gewidmet, der städtischen Website mit weiteren sorbischen Aspekten, der Kehrmaschine der BBB (zweisprachige Beschriftung) und den zweisprachig beschrifteten Hausmeister-Wagen und der neuen Hebebühne der BBB. Er dankte vor allem Marcel Mahling von der BBB für diese Initiative.

Der Arbeitskreis habe sich zudem verschiedene Akteure zum Thema eingeladen: Bäckermeister Neumann, Wirtschaftsförderin Hantschke und andere. Die seltenen Sitzungen des Arbeitskreis und die umfangreichen Aufgabengebiete des zuständigen Amtsleiters Markus Gießler machten die Arbeit nicht immer einfach. Er verwies auf die Bäckerinnung und deren Antrag auf Fördermittel auch für sorbische Backwaren. Benjamin Wirth nannte zwei konkrete Projekte des Arbeitskreises: Ein Flyer soll bei Gewerbetreibenden für die sorbische Beschilderung in deren Geschäften werben. Hier nannte er den Biomarkt „Podemus“ als gelungenes Beispiel. Neben einem Flyer soll es auch eine Würdigungsaktion für sorbisch beschriftete Geschäfte und Firmen geben. Wer sich dafür einsetzt, könnte dann einen schicken Aufkleber und vielleicht einen kleinen Zuschuss von 100 Euro pro Geschäft für die Kosten der Beschilderung erhalten. Herr Wirth bat die Stadträte, dafür ein kleines Budget von 1500 Euro für den Haushalt 2023 vorzusehen.

In seinem Blick auf das Jahr 2020 durfte auch die Diskussion um das von einem AfD-nahen Verein geplante Bismarck-Denkmal auf dem Czorneboh nicht fehlen. Diese hatte auch den Arbeitskreis intensiv beschäftigt.

Eine weitere Idee wäre eine Bautzen-Kiste mit regionalen Produkten, die Weggezogene beziehen und sich so an ihre Heimat erinnern könnten.

Im Ausblick sprach er das Thema „Bildung und Sorben“ an, das man in den Blick nehmen wolle. Wie gehen etwa nichtsorbische Einrichtungen mit dem Thema um - singen deutsche Kinder auch mal ein sorbisches Lied, wird die Geschichte der Sorben vermittelt? Er lud zudem zu den Veranstaltungen rund um das Zejler-Kocor-Jahr 2022 ein. Diese wird wohl hoffentlich harmonischer über die Bühne gehen als die nächste Vorlage:

#Verständigung zum FDP-Antrag „Hilfe für ukrainische Kinder“

Die Schiller-Kita in der Paulistraße soll saniert werden und steht deswegen gerade leer. Nebenan hat die Josua-Gemeinde ihren Sitz - und die kümmert sich sehr um die Ukrainer in Bautzen. Mike Hauschild (FDP) und seine Fraktion hatten den Antrag gestellt, das Gebäude und das Gelände für ukrainische Mütter und ihre Kinder zum Aufenthalt zur Verfügung zu stellen. „Man müsste nichts groß investieren und bauen, das könnte man problemlos machen.“ Eine richtige Kita soll es aber nicht sein. Die Stadt müsse auch kein Personal abstellen, etwa für den Schließdienst.

OB Ahrens meinte, dass die Stadt ein großes Interesse habe, dass die Kinder sehr schnell in die entsprechenden Einrichtungen - Kita und Schule - aufgenommen werden. Integration funktioniere so besser. Zudem würde angestrebt, dass die Erwachsenen schnell in Arbeit kommen. Er verwies auf Initiativen von SSG an Bund und Land, dass man sich unbürokratisch auf eine Senkung des Betreuungsschlüssels verständigen müsse. Da sei einiges in Bewegung. Die Schiller-Kita werde derzeit für eine Sanierung vorbereitet. Ilka Heilmann, Abteilungsleiterin, begrüßte das Engagement, meinte aber, dass aus fachlicher Sicht kein weiteres Begegnungszentrum notwendig sei. Man habe das Steinhaus und das TIK sowie die Mehrgenerationenhäuser. Inzwischen seien aber viele der Kinder bereits gut in Kita und Schule angekommen. Die Zahl der Ukrainer in Bautzen sei auch überschaubar. Man habe keine sprunghaft angestiegene Nachfrage an Kita-Plätzen bemerkt. Das Gebäude sei leer, es seien keine Möbel drin, keine Spielsachen. Die Bauplanung sei so gut wie abgeschlossen, der Grundsatzbeschluss in Arbeit.

Ich habe dafür plädiert, dass die Nutzung die Bauphase nicht torpedieren sollte. Aber man könnte vor dem Gebäude auch nur über die Nutzung der Außenfläche sprechen.

Monika Vetter (CDU) informierte über ein Gespräch mit der benachbarten Josua-Gemeinde. Diese platze aus allen Nähten, man könne die freien Räume gut gebrauchen, etwa für Deutschkurse, Musikunterricht und weitere ehrenamtliche Tätigkeiten. Sie bat die Stadt, die Möglichkeiten zu prüfen, es würden ggf. kurzfristig 3 Monate reichen.

Sieghard Albert (AfD) sprach sich für den Antrag aus. Die Betreuung entsprechend des Alters sei wichtig. Was ihn aber verwundert, dass man jetzt über Arbeit rede. Das seien Asylbewerber wegen einer Kriegssituation und keine Asylanten und daher nur kurzfristig hier. Die meisten wollten wieder zurück in die Ukraine.

OB Ahrens sagte, dass es keine Asylbewerber seien. Der Status sei geklärt. Man kenne Reaktionen, dass die Ukrainer gern arbeiten wollen. Hilfe zwar dankbar annehmen, aber eben selbst für sich sorgen möchten. Man wisse auch nicht, wie lange die Situation des Krieges anhalte.

Astrid Riechmann (SPD) dankte für den Antrag, sah auch als Chefin des Willkommen e.V. die Notwendigkeit für eine Betreuungslösung etwa bei Deutschkursen. Man suche da nach Lösungen, die Nutzung des Gebäudes sei da eine gute Idee.

„Geht nicht - gibt es nicht“ - meinte Heiner Schleppers (CDU). Es gebe auch Ferien und freie Tage, wo keine Schule oder Kita sei. Auch da brauche es Begegnungsmöglichkeiten. Gegen die AfD wendend: „Ich finde es gut, wenn die Menschen hier sich engagieren und selbst zu kümmern. Das sollten wir unterstützen.“ Man wisse nicht wie lang der Krieg dauere, man müsse aus dem Katastrophenmodus rauskommen. Man könne auch den Baubeginn etwas schieben. „Wir schieben so vieles.“

OB Ahrens meinte, dass es einen Zustrom vor allem in größere Städte gebe. Das Gebäude befinde sich in Bauerwartungszustand, sei leer. Die Zuständigkeit liege beim Landkreis, man wolle hier keine Doppelstrukturen haben. Er dankte der Josua-Gemeinde für den Einsatz, merkte aber auch an, dass viele der Aufgenommenen weiterreisen.

Heiner Schleppers (CDU) meinte, dass man vorsorgen müsse. Es würden derzeit größere Städte bombardiert werden.

Claus Gruhl (Grüne) meinte, dass durchaus Vorsorge betrieben wurde, entsprechende Akteure vorhanden seien. Die Strukturen existierten, dabei wurden diese bereits im Stadtrat mehrfach in Frage gestellt. Etwa das Geld für das Steinhaus und das TiK. Er wehrte sich gegen das AfD-Wort der „Asylanten“.

Mike Hauschild (FDP) erinnerte an den eigentlichen Antrag. Vielleicht könnte man mit dem Außengelände anfangen. Und das Gebäude für den Toilettengang nutzen. „Oder sind die schon ausgebaut?“

Ilka Heilmann meinte – „ganz emotionslos“ – das Gebäude habe keine Nutzungsgenehmigung, die Spielgeräte hätten keinen TÜV mehr. Da müssten sehr viele Dinge geprüft werden, das ginge nicht von heute auf morgen. „Geht nicht, gibts nicht.“ (Aber eben nicht sofort und wenn überhaupt, dann emotionslos.)

Mike Hauschild (FDP) meinte, Krieg sei nun mal Chaos. Man habe jetzt 14 Tage Vorlauf der Verwaltung gehabt. Da habe er erwartet, dass man höre, was geht. Und nicht nur, was nicht geht. Das enttäusche ihn - ganz emotionslos.

Monika Vetter (CDU) konnte Frau Heilmann verstehen. Aber: Eine schnelle und unbürokratische Hilfe sei ihr Wunsch. Bei der Frage, ob der Bedarf da sei oder nicht, müsse man sich mit der Gemeinde mal zusammensetzen. Das sagte der OB zu. Frau Naumann sagte, dass es in der Stadt ein riesiges Netzwerk an Helfern gebe, die viel anbieten. Es muss die Frage gestellt werden, ob der Antrag ein Thema der gesamten Stadt ist oder nur ein Thema der Josua-Gemeinde sei.

Udo Pillasch (AfD) stellte sich die Frage, ob man mit den betroffenen Eltern aus der Ukraine gesprochen wurde und der Bedarf erkundet wurde. Über wie viele Kinder in welchem Alter reden wir? Wer betreut diese Kinder? Wer hat Übersicht über die Kinder? Wer trägt die Kosten? Das wisse man nicht, so Heilmann. Das müsse man den Antragsteller fragen. Die Stadt habe bisher keinen Kontakt.

Sieghard Albert (AfD) wehrte sich gegen die Unterstellungen von Herrn Gruhl. Man wolle ihn beim Asyl-Begriff missverstehen.

Die ausufernde Diskussion (gepaart mit der demonstrativen Unwilligkeit der Stadt) brachte Mike Hauschild (FDP) als Antragsteller dazu, einen Geschäftsordnungsantrag „Ende der Debatte“ zu stellen. Wie üblich fragte OB Ahrens, ob es dazu eine Gegenrede gebe. Ich meldete mich in höchster Frustration über bereits mehrere Stunden verquatschter Zeit zu Wort. Der Antrag zum Debattenende sei zwar auch mein Anliegen, aber wir hätten ja nach vieler Diskussion noch keine Richtung. Man sollte mindestens einen Vor-Ort-Termin verabreden, gemeinsam mit der Gemeinde und dem Antragsteller. Die Diskussion in der Form sei wieder einmal Lebenszeitverschwendung. Als Oberbürgermeister verdiene er viel Geld, und das dafür, um zu führen. Und nicht für seine Tätigkeit als Moderator einer Laberrunde. Es herrsche Führungslosigkeit und die ganze Sitzung sei keine Werbung für das Ehrenamt eines Stadtrates, sondern einfach nur eine Peinlichkeit und erbärmlich. OB Ahrens widersprach dem erwartungsgemäß. Danach wurde der Antrag zum Debattenende abgestimmt – eine Mehrheit hatte keine Lust mehr.

Aber dann meldete sich Mike Hauschild (FDP) noch einmal: Wie geht es nun weiter? (Gute Frage!)

OB: Wir werden den Bedarf prüfen….

Es folgte eine Pause, die erstmals wieder mit einer Versorgung mittels Brötchen, Riegeln und Kaffee gestaltet wurde.

Gestärkt und leicht entfrustet ging es dann weiter – und zwar mit dem

#Beschluss zur Änderung des Flächennutzungsplanes (FNP) - Stand 04/2018 UND

#Beschluss zur Billigung und öffentlichen Auslegung des Flächennutzungsplanes (FNP) - Stand September 2021

Harald Weber, Chef der Bauverwaltung, stellte die Vorlagen vor. Der FNP ist ein Instrument der langfristigen Stadtentwicklung, der regelmäßig - also aller paar Jahre - aktualisiert wird. Da werden etwa begonnene und abgeschlossene Bebauungspläne nachgetragen. Es ging hier als weniger um eine Festlegung strategischer Art, sondern die Anpassung der Pläne an die Realität. Eine verwaltungstechnische Formalität sozusagen. Und die gingen einstimmig durch.

#Satzung über eine städtebauliche Sanierungsmaßnahme nach § 142 Abs. 1 und 3 BauGB UND

#Satzung zur Änderung der Satzung über eine städtebauliche Sanierungsmaßnahme nach § 142 Abs. 1 und 3 BauGB UND #Satzung zur Aufhebung der 1. Änderung der Satzung zur Änderung der Satzung der Stadt Bautzen über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes "Altstadt"

Diese Vorlagen standen alle in einem Zusammenhang. Zwar ging es hier auch um eine eher formale Angelegenheit. Da diese aber die Sanierung der Bautzener Altstadt betraf, ließ Baubürgermeisterin Baumann es sich nehmen, ein paar Bilder und Fakten an die Wand zu werfen. Sie zitierte die Erfassung der baulichen Missstände in der Altstadt im Jahr 1990: 32 % der Gebäude standen ganz oder teilweise leer. 42 Prozent der Wohnungen waren ungenutzt. 80 Prozent der Wohnungen hatten erhebliche bis schwere Mängel.

Die Wiederherstellung und Sicherung der Altstadt wurde das Ziel der Nachwendejahre und der Gegenstand der Sanierungssatzung, mit der sehr viele Millionen an Fördermitteln nach Bautzen geholt wurden. 57 Millionen Euro, um genau zu sein. Mehr als 21 Millionen vom Bund, 24 Millionen vom Land und rund 11 Millionen von der Stadt. Rund 3 Millionen flossen an Einnahmen von den Eigentümern an die Stadt. Die vielen Millionen an eigenen Mitteln der Eigentümer sollen hier nicht unter den Tisch gekehrt werden.

Die Hälfte des Geldes ist in den öffentlichen Raum und öffentliche Gebäude geflossen, wie den Archivverbund, die Mönchskirchruine, den Abriss des Hochhauses, die Schloßstraße und andere öffentliche Immobilien. Sie zeigte auch verschiedene Karten, die den Sanierungsstand der jeweiligen Jahre darstellte. Blau waren die sanierten Gebäude, rot die unsanierten. Noch 1996 war sehr viel rot, heute ist bis auf 4 Gebäude, darunter die Kasselmann-Häuser, eigentlich alles blau. „Die Sanierungsziele wurden vollständig erreicht“, so die Baubürgermeisterin. Einige Ausgleichsbeiträge werden noch erhoben, die meisten Eigentümer haben diese aber bereits bezahlt (damals gab es eine Rabattaktion, die wohl gut genutzt wurde). Die Sanierung der Altstadt sei ein Motor für die Entwicklung der Stadt gewesen. Sie benannte Peter Hesse (inzwischen leider verstorben) und Christian Schramm (feiert kommende Woche seinen 70. Geburtstag) als verdienstvolle Menschen um diese Entwicklung, aber auch die damaligen Stadträte, die engagierten Eigentümer und viele weitere, auch in der Bauverwaltung der Stadtverwaltung. „Das war ein schnelles und professionelles Abarbeiten“, so Frau Naumann. (Man sah die Gedankenblasen der länger dienenden Stadträte aufsteigen – Schön, schön, schön, war die Zeit). Das Gewonnene müsse nun erhalten und gepflegt werden. Auch die „harten Brocken“ in den angrenzenden Gebieten müssten bearbeitet werden (meine sie damit das Lauenareal?)

Jörg Drews (Bürgerbündnis) bat um eine Information, wie hoch die Ausgleichsbeiträge für die Eigentümer etwa ausfallen würden. Diese Forderungen würden in einer schwierigen Zeit stattfinden. Die Baubürgermeisterin verwies darauf, dass jedem, der eine Förderung in Anspruch genommen hat, freistand, die Beiträge eher zu begleichen. Harald Weber meinte, dass es etwa 9-11 Euro je Quadratmeter wären. Aber damit alles wasserdicht sei, würde man entsprechende Gutachten anfertigen. Der Prozess könnte aber noch ausdauern. Das Verfahren könne durch die Stadt nicht beeinflusst werden. Er gehe davon aus, dass es auch gerichtliche Überprüfungen geben werde. Zu den Eigentümern, die noch nicht gezahlt hätten, würden insbesondere öffentliche Stellen zählen, die grundsätzlich in Widerspruch gehen würden. Der Fakt, dass es eine solche Zahlung geben würde, sei aber jedem Eigentümer klar gewesen. (Herr Drews ging es in diesem Fall auch um seine eigenen Objekte in der Altstadt, etwa am Burglehn oder am Dom).

Claus Gruhl (Grüne) erinnerte daran, dass 2013 allen Eigentümern eine vorzeitige Zahlung angeboten und ein entsprechender Rabatt gewährt wurde. Harald Weber bestätigte dies. Der „Rabatt“ sei ein Anliegen des damaligen Stadtrates gewesen. Die Stadt sei gar nicht so dafür gewesen.

Stephan Juros (Bürgerbündnis) fragte, wie die Berechnung erfolge, etwa in Kombination mit den Krediten, die aufgenommen wurden. Harald Weber verwies darauf, dass es unabhängig davon sei und eben per Gutachten bewertet werde.

Sieghard Albert (AfD) wollte eine grobe Hausnummer, was zu zahlen wäre. Harald Weber nannte – erneut - grobe 10 Euro je Quadratmeter.

Im weiteren Vortag zu den Vorlagen wollte Harald Weber, Meister der einfachen Worte, dem Stadtrat die Details ersparen. Er machte es so summarisch: Es brauche für die Bescheide der Ausgleichsbeiträge eine 100-%-handwerklich saubere Arbeit der Verwaltung. Daher habe man alle alten Satzungen im Zusammenhang mit der Sanierung noch mal geprüft, und doch einige Fehler gefunden. Etwa wurde in einem Plan der Burgwasserturm nicht in das Sanierungsgebiet eingezeichnet. Daher sei es notwendig, dass alle fehlerhaften Satzungen „geheilt“ werden müssen. Da Satzungen rechtlich immer nur durch Satzungen und nicht durch einfachen Beschluss geändert werden dürfen, muss eben nicht nur die erste Satzung, sondern auch die Änderungssatzung und auch die Änderungssatzung zur Änderungssatzung und so weiter geändert werden, was ebenfalls einer Satzung bedarf. Also ein wahres Feuerwerk an Satzungen, das die Verwaltung da abbrannte. Herr Drews und Herr Hauptmann enthielten sich, sonst ging alles glatt durch.

Und so konnte man letztlich zur historischen Tat schreiten. Mit der

#Satzung zur Aufhebung der Satzung über eine städtebauliche Sanierungsmaßnahme nach § 142 Abs. 1 und 3 BauGB

wurde die berühmte die städtische Sanierungssatzung (quasi die Nachwende-DNA der Stadt) aufgehoben.

#Satzung der Stadt Bautzen zur Aufhebung der Satzung der Stadt Bautzen über die förmliche Festlegung des Ersatzgebietes "Wallstraße 6b"

Diese Satzung war fehlerfrei und konnte daher einfach aufgehoben werden. Um für die Sanierungszeit Ausgleich für den Wohnraum zu schaffen, wurden über die Sanierungsmittel auch Ersatzbauten finanziert. Die sind damals in der Nähe des Kinos entstanden und brauchten einst ebenfalls eine Satzung.

Das Ende der Satzung war beschlossen, im nächsten Punkt ging es um den Neuanfang. Zumindest in der Wohngeldstelle:

#Besetzungsfreigabe einer Stelle im Stellenplan 2022

Eine Mitarbeiterin in der Wohngeldstelle geht in Rente. Die Nachbesetzung wäre kein Problem, aber die Stelle soll um etwa ein Drittel mehr Arbeitszeit erhalten. Und da kommt der Stadtrat ins Spiel, weil wir uns hier über die Haushaltssatzung ein Mitspracherecht gesichert hatten. Die Erhöhung war nur knapp nach der Verabschiedung des Haushaltes und der intensiven Stellendiskussion angekündigt worden - und das findet der ein oder andere Stadtrat nicht so dolle.

Mike Hauschild (FDP) meinte, es sei nicht einfach, das hier zu entscheiden. Die höhere Arbeitszeit sei kein Grund zur Beunruhigung. Aber die Situation in der Wohngeldstelle sei problematisch, etwa die Bearbeitungszeiten. Es würden im Schnitt etwa 8 Entscheidungen am Tag gefällt werden. Er verwies auf die geforderte Digitalisierung der Verwaltung. Er meinte, dass - und pflichtete mir bei - dass hier ein Führungsproblem vorliege. Den Mitarbeitern im Amt könne kein Vorwurf gemacht werden. Es gebe andere Stellen, wo bereits digital gearbeitet werde. Eine Stundenerhöhung bei der Nachbesetzung löse das Problem nicht. Entsprechende Ansätze würden aber in der Vorlage nicht enthalten sein. „Wir müssen hier endlich mal vorangekommen.“ Petra Hempel, zuständige Abteilungsleiterin, erklärte, dass die Mitarbeiterinnen sehr fleißig seien. An der Digitalisierung sei man durchaus dran, ein Online-Antrag sei im Freistaat in der Erprobung. Man habe da kürzlich Kontakt mit Görlitz aufgenommen und sich informiert. Aber mit dem Programm gehe die Eingabe der Daten zwar schneller, die Bearbeitung müsse weiterhin in aller Komplexität erfolgen - und die dauere eben sehr viel länger als noch vor Jahren - aufgrund von gesetzlichen Änderungen. Mike Hauschild (FDP) merkte an, dass die Wirtschaft da viel besser sei. „Gegenüber Amazon bewegen wir uns in der Steinzeit.“ Das mache unzufrieden.

Stephan Juros (Bürgerbündnis) meinte, dass viele Empfänger von Wohngeld nicht in der Lage seien, einen Wohngeldantrag selbst auszufüllen.

Karin Kluge (Bürgerbündnis) dankte dem Amt und meinte, die Mitarbeiter leisteten Übermenschliches. Sie gab aber Mike Hauschild recht. Wenn man merke, dass es Engstellen gebe, müsse man eben einige Mitarbeiter zeitweise umsetzen. Sie arbeite beim Landratsamt und dort funktioniere es auch, dass im Gesundheitsamt Mitarbeiter anderer Ämter eingesetzt würden. Sie wünsche sich mehr Flexibilität in der Verwaltung. OB Ahrens verwies darauf, dass es in dem Bereich hohe Anforderungen gebe und eine Einarbeitungszeit von sechs Monaten notwendig sei. Karin Kluge gab sich damit nicht zufrieden. „Man hätte durchaus Hilfe geben können.“ OB Ahrens wurde etwas launisch: Man könne auch nicht im OP-Saal einfach fünf fehlende Ärzte durch Krankenschwestern ersetzen. Er wolle dagegensprechen, dass Frau Kluge hier mangelnde Flexibilität und Unkollegialität vorwerfe. Diesen Vorwurf wehrte wiederum Karin Kluge ab und bat diese Worte des OB aus dem Protokoll zu streichen. OB Ahrens äußerte, dass man es hätte so verstehen können, aber er froh sei, dass sie es nochmal klargestellt habe.

Andrea Kubank (Linke) warb für die Vorlage und bat um die Anerkennung der Arbeit der Mitarbeiter. Digitalisierung ja, aber die sei kein Thema bei dieser Vorlage.

Und so stimmte die Mehrheit auch dafür.

Letzter Punkt der öffentlichen Sitzung (im Anschluss gab es noch einen nichtöffentlichen Teil, über den man aber nix veröffentlichen darf – da eben nicht öffentlich):

#Anfragen der Stadtratsmitglieder

Heiner Schleppers (CDU) äußerte sich zum Osterfest. Alle hätten mitgemacht. Herzlichen Dank an das Ordnungsamt, das sehr aktiv war (Achtung: kein Sarkasmus). Auch die Stadtreinigung habe sehr gut funktioniert. Auch Dank an die Polizei. Leider seien am Montagabend wieder Leute marschiert. Könnte man das nicht mal einen Tag aussetzen. OB Ahrens ergänzte, die BBB habe Geld für Anschaffung geschmiedeter Kränze gespendet. Er sprach von einer vollen Stadt und begeisterten Besucher. Ein paar sehr begeisterte Besucher hätten zudem das OB-Parkplatz-Schild am Rathaus mitgenommen.

Mike Hauschild (FDP) meinte, man hätte die Mülltonnen vom Weihnachtsmarkt aufstellen können. Der OB entgegnete, dass die Stadt eben so voll war, dass dieser Umstand der vollen Tonnen nicht zu vermeiden gewesen sei.

Dr. Dirk Lübke (fraktionslos) erkundigte sich zu den „Partnerschaften für Demokratie“. Diese werden nicht mehr durch das Steinhaus koordiniert, sondern die Arbeiterwohlfahr. Sein Sohn engagiere sich da im Jugendforum und es finde dort nichts mehr statt. Das wird der OB mitnehmen. Claus Gruhl (Grüne) sarkastisch: „Vielleicht ist es überflüssig.“

Ich erinnerte an die Anfrage-Runde der März-Sitzung und die Anfrage von Udo Pillasch (AfD) zum Lauenareal, auf dem sich nichts tue. Vor diesem Hintergrund galt meine Frage dem Flurstück 960 der Gemarkung Bautzen, der Äußere Lauenstraße Nummer 3. Das Haus gehörte bis vor Kurzem dem Oberbürgermeister privat. Im April 2021 stand es laut Zeitung zum Verkauf, es fand sich ein 155.000-Euro-Inserat auf dem Portal eines Bautzener Immobilienmaklers. Dort sei es nicht mehr zu finden, was die Vermutung zulasse, dass es verkauft sei. Da der OB in der Vergangenheit erklärt habe, dass Haus bei Interesse an die Stadt zu verkaufen, wollte ich wissen, ob die Stadt oder die Stadttochter BWB das Haus gekauft haben, ob man vielleicht das städtische Vorkaufsrecht nutzen möchte, sofern der Verkauf noch nicht über die Bühne gegangen sei. (Hintergrund, dass es im Interesse der Stadt wäre, die Fläche zu besitzen, um einen weiteren privaten Akteur auf dieser bereits zerstückelten Fläche zu verhindern.) Der OB teilte mit, dass Haus er habe das Haus an einen privaten Investor verkauft. Nach dem Notartermin habe ihn Frau Schönherr (die Geschäftsführerin der BWB) angesprochen, aber war es schon zu spät. Die Stadt habe sich nicht unter den Interessenten befunden. Ob denn ein Interesse der Stadt geprüft worden sei, ob man darüber beraten habe, wollte ich wissen. „Ich laufe jetzt auch nicht durch die Verwaltung und frage, ob jemand das kaufen will“, meint der OB und betonte, dass das Haus sogar 1.000 Euro unter dem Selbstkostenpreis weggegangen sei.

Sieghard Albert (AfD) bezog sich auf das Antwortschreiben der Landesregierung auf die Kritik der Oberbürgermeister der Region zum Strukturwandel, das der OB den Räten zur Verfügung stellen wollte. Das will der OB nachholen.

Monika Vetter (CDU) fragte nach dem Planungsstand beim Schliebenkreisel und regte an, es könnte ja auch als Ostermotiv genutzt werden - etwa durch eine Figur eines Osterreiters.

Bodo Thiemann (CDU) hatte auch eine Anregung – und zwar zur Wohngeldstelle. Könne man nicht die Formulare von Wohngeld, Sozialhilfe oder anderen Leistungen zusammenlegen? OB Ahrens: Als Grundidee sei das reizvoll, aber durch die verschiedenen gesetzlichen Rahmenbedingungen und Zuständigkeiten nicht durchführbar. Wir werden es niemals schaffen, alle Dinge an einer Stelle abzuwickeln. Bodo Thiemann hatte die Lösung: „Einfach den Zettel vom Sozialamt weiterreichen!“ Finanzbürgermeister Böhmer: „So läuft das ja!“

Astrid Riechmann (SPD) meinte, dass dringend Wohnraum für Ukrainer gesucht werde. Es gebe noch Vermieter, die nicht an Ausländer vermieten würden. Die Schullandheime würden jetzt leergezogen, da brauche es Wohnungen. OB Ahrens will das noch mal mitnehmen. Er sprach, dass es bereits Wucherangebote für Ukrainer gebe. Das sei erschreckend.

Karin Kluge (Bürgerbündnis) meinte, dass es in Anbetracht der Tatsache, dass es jetzt schon so spät sei, jetzt aber auch egal sei, wenn sie noch anmerkte, dass viele Redner ihre Vorträge kürzen mussten - etwa die Baubürgermeisterin bei ihrem Vortrag zur Sanierung der Altstadt. Das sei schade. Man könne die Diskussionen im Stadtrat nicht endlos ausufern lassen und wichtige Themen dann kürzen. OB Ahrens stimmte ihr zu, aber meinte, dass schon die Frage, welche Dinge wichtig seien, unterschiedlich bewertet würde.

In der Einigkeit, dass wir uns in vielen Dingen nicht einig sind, waren wir dann also mit dem öffentlichen Teil der Sitzung durch.

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Hinweis: Alle Vorlagen und auch den Haushalt kann die Öffentlichkeit im Bürgerinformationssystem nachlesen. https://ratsinfo.bautzen.de/bi/si010_e.asp